2. velj 2012.

BOSNISCHER KAFFEE - EIN GETRÄNK FÜR FREUNDE


Autor: dr. Ibrahim Kajan

Ich bekam eine Nachricht auf Facebook: Wann trinken wir ihn endlich? Das war fine Einladung zum Kaffee.
So gut ich mich erinnern kann, habe ich noch nie - ohne Eingriff von "höheren Machten" – fine so verlockende Einladung abgelehnt, denn: Kaffee ist ein Köder
für meine Seele, er ist fin Ritual, fin Genuss, eine Entspannung, Leichtigkeit der Kommunikation (die niemals Kopfschmerzen verursacht) ... "Kahva" (arabisch 'qahwa'), "kava", "kafa" - ist der Beginn einer Freundschaft und die Bestätigung einer Freundschaft - dieser edlen Beziehung, die nichts anderes slucht als Zufriedenheit in der Freundschaft selbst.



Slavna je i zove se
BOSANSKA KAHVA


Ja, ja, dieses berauschende Getränk ist gleichzeitig intim und demokratisch, eigen und großzügig; selbst die Einladung zum Kaffee und das Annehmen der Einladung sind sowohl verführerisch als auch appellierend! Eine Einladung zum Kaffee scheint tausend Sprachen zu sprechen, z. ß.: "Komm, damit deine Einsamkeit nicht einsam ist." Oder: "Komm, unterhalten wir uns, setzen wir uns zusammen, komm, damit wir fine schöne Zeit haben, damit wir uns lieben und nicht hassen."
Deshalb nehme ich fine Einladling zum Kaffee - egal ob bosnischer Kaffee oder Espresso - eigentlich immer an und freue mich immer darauf. Aber, vielleicht kann die Einladung auch yom Teufel selbst kommen, wer weiß?
Neben ihrer intimen Dimension und der Freude, der sie hilft, auszustrahlen und sich von der Schiichternheit zu befreien, ist Kaffee gleichzeitig die demokratischste Art von Gemeinsamkeit, besonders in Bosnien-Herzegowina und besonders unter den Bosniaken. Kaffee ist fin allgemeines aber auch grundlegendes Bindeglied zwischen denen, deren Hauser - wie Menschen – aneinander anlehnen und das ausmachen, was wir mit dem lieben Wort "Nachbarschaft" benennen.
In jeder Enzyklopadie gibt es Stichworte zum Kaffee, zu seiner Herkunft und - manchmal - zu seiner Geschichte. Aber den schönstell Essay über den bosnischen Kaffee hat - vielleicht sogar auf meine Anregung - rnein außerordentlicher verstorbener Freund Edib Muftic (möge Gott sich seiner Seele erbarmen) in einem Winter des Kriegskalenders geschrieben, ...als sich alle um uns herum – und wir uns auch - nach der Wärrne der menschlichen Güte und nach schönen, heilenden Worten sehnten. Damals erwähnte ich Fotos von bosnischen Vertriebenen, von Kollonnen verwirrter Frauen und Kinder, die sich krampfhaft an ihren Pumphosen hielten... und ein Foto, auf dem sie sich hingesetzt haben, um eine Pause zu machen, in einer Ruine, die gestern ein Haus war... und wo eine der Frauen den Stiel der Kaffeemühle drehte, in dieser jämmerlichen Einöde und dem schweren menschlichen Leid...
Edib lud mich am nächsten Tag zu sich nach Hause ein. Wir saßen am Balkon im 18. Stock eines Zagreber Hochhauses. Auf den Tisch hat er alles hingestellt, was den "Kaffee-Set" zum Kaffeeservieren und Kaffeetrinken ausmacht. Dann hat er Kaffee gekocht und Papiere rausgenommen mit dem gerade geschriebenen Essay über den bosnischen Kaffee. Er wollte es mir vorlesen ...
Er berichtete darüber, wie Kaffee zu früheren Zeiten zubereitet wurde, er berichtete aus dem Blickwinkel seiner Kindheit und verglich das mit der Art und Weise, wie man heute Kaffee kocht. Er erzählte, wie die Zubereitung des Kaffees mit dem Rösten und dem Mahlen des Kaffees anfing, und dass erst danach das Kochen folgte. Heute denkt man, dass nur die richtige Mischung von mehreren Kaffeesorten das optimale Aroma geben kann. So hat jeder Hersteller sein eigenes Geheimnis der Mischung in bestimmten Verhältnissen… - Seine leise und ruhige Stimme rauschte, während er hinzufügte, dass "nach dem Geschmack der Bosniaken der Kaffee "ačik" (hell) bleiben muss, denn nur so behält er die gewünschte Farbe und das gewünschte Aroma". Er reichte mir das Papier, damit ich weiter lesen kann, während er die Milch und den rahat-lokum (den tiirkischen Honig) holte.
"Einen mäßigen Koffein-Inhalt und ein verführerisches Aroma geben die besten Mischungen. In ein Haus, wo Kaffee gewöhnlich zu stark geröstet wird, kommen Kaffeetrinker nur ungern vorbei, und der Gastgeber und die Gastgeberin werden als geschmacklose Personen bewertet. Ein Bosniake mit einem traditionell raffinierten Geschmack erkennt nur eine Art yon Kaffeezubereitung an und das ist das Kochen des echten bosnischen - in Europa als türkischer Kaffee bekannten -Kaffees: Der gut gemahlene und frisch gerostete Kaffee wird in eine schon etwas gewärmte Kaffeekanne gegeben. Er wird mit kochendem Wasser gegossen (die Kanne darf aber nicht überfüllt werden), er wird gut geruhrt und auf das Feuer zurückgestellt, damit er bis zum
Kannenrand "hochgeht", er darf aber nicht überkochen. Nachdem der Kaffee kurz "gestanden" hat, damit er sich setzt, wird er in "fildžane" (kleine Kaffeetassen) eingegossen. Zücker und Milch werden extra serviert und werden nach Wunsch hinzugegeben. Der Bosniake liebt den schwarzen, etwas gesüßten Kaffee. Damit beweist er, dass er auf sich und seinem gesellschaftlichen Status halt. Nur Personen mit schwerwiegenden Gründen, wegen Alter resigniert, weichen von dieser Regel ab. Anhand der Art und Weise, wie der Kaffee für Sie zubereitet und serviert wird, können Sie feststellen, wie sehr Sie der Gastgeber wertschatzt und liebt. Ein sehr schwarzer Kaffee spricht für Sie, wahrend ein "dünner" Kaffee - unter anderem - die Reserviertheit und den Geiz des Gastgebers verrät. In der westlischen Welt dominieren heute Espresso und Filterkaffee. Bosniaken, die sie dort antreffen und die noch immer den echten bosnischen Kaffee kochen und trinken, beweisen damit ihre gute Erziehung und ihren Sinn für die Erhaltung des traditionell guten Geschmacks als ihre emotive Bindung an ihre Heimat Bosnien. Und, vergessen Sie das nicht, nur fine ordentliche Person wird für Sie den echten bosnischen Kaffee kochen konnen..."
"Wie findest du es?", fragte er mich.
"Also, was soll ich sagen! Das ist mehr als nur bosnischer Kaffee ..."
Dann wies er auf das Zubehör hin, das wir in diesem wunderbaren Ritual des Servierens und des eigentlichen Trinkens des schwarzen Getränks verwendet haben, von nahezu unvergleichbaref Kunst (in der Herstellung von Kaffekannen, Zuckerdosen, perforierten unci eiförmigen Untertassen aus glaäzendem rötlichem Kupfer ...).
Bosniaken denken, dass man den schwarzen Kaffee genießt "seitdem es Bosnien und Bosniaken gibt". Und dann lachen wir beide und freuen uns darüber, dass wir so denken - selbst wenn wir falsch liegen. In der Wirklichkeit haben es die Türken im 16. Jahrhundert mitgebracht (und zu ihnen kam der Kaffee aus dem Nahen Osten, aus dem Jemen). Den Kaffee brachten die "Genießer" und der "Staat" verfolgte ihn: man machte Caffés zu und zerstörte sie, man verprügelte die Caféinhaber und belegte sie mit finer Geldstrafe! Aber den Kaffee konnte dann niemand mehr aus Bosnien (und auch nicht aus der Herzegowina) vertreiben. Und nicht nur dies. Über Bosnien wurde auch der Rest von Europa "infiziert".
Dann aber entdeckten sie, dass der Kaffee eingentlich eine Sanftheit ist, wie eine Salbe: der Koffein verursacht keine Abhängigkeit und hat auch keine anderen Eigenschaften wie berüchtigte Opiate Alkohol, Heroin, Kokain... oder irgendetwas anderes, was mit den gefährlichen Drogen verwandt ist. Der Kaffee trübt nicht den Verstand und beeinflusst nicht die Selbstkontrolle, erzählt mein guter Edib. Er hat keine negativen Folgen auf die Nachkommenschaft, fügt er hinzu und lacht. 1m Gegenteil, sagt er, dem Kaffee werden viele nützliche und heilende Eigenschaften zugeschrieben. Und das Abgewöhnen im Fall des Kaffeemangels ist weder schmerzhaft noch langwierig, es bedarf weder ärztliche Versorgung noch Krankenhausaufenthalt und da lachen wir beide, so dass unser Lachen nachhallt und über den Balkonrand in das schöne Zagreber Stadt viertel überläuft.
Immer wenn mich jemand zum Kaffee einlädt, muss ich an Edib denken und treffe dann in mir die Entscheidung, der Einladung zu folgen. Denn der Teufelladt doch nicht zu dem schwarzen Getränk fin. Es laden nur Freunde fin. Oder - wie es eine wunderschone Sage besagt - eine Seele, die eine andere Seele sucht.
 
DIWAN (Luxembourg), janvier 2012., No. 2, p. 16-17

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